Wie viel Erde braucht der Mensch?

Lebensspuren eines Bergbauern

In diesem Buch hat der Autor über viele Jahre einen allein auf seinem Hof lebenden Tiroler Bergbauern porträtiert, ihn immer wieder in seiner Umgebung fotografiert und das Buch mit Zitaten aus seinem Leben angereichert. Das Werk geht der Frage nach, was es für ein geglücktes Leben braucht, der Titel ist der gleichnamigen Erzählung Leo Tolstois entliehen, die sich eben der zeitlosen Frage, inwieweit materielle Güter unser Glück bestimmen, widmet. Der Inhalt ist einfach, natürlich und selbstverständlich wie die Gestaltung des Buches.
Die Zitate des Bauern, die fast poetisch gesetzt sind, machen jede Seite zu einem stillen Moment. Die Fotos bilden den Porträtierten ab, ohne jemals voyeuristisch zu sein, von ihnen geht eine große Ruhe aus, die dessen einfaches Leben greifbar macht. Dem Buch gelingt es, ganz ohne Kitsch, eine gefühlvolle Lebensbeschreibung zu liefern.

Topografie der Erinnerung

„Topografie der Erinnerung“ versammelt erstmals die wichtigsten Reden und Aufsätze des Essayisten Martin Pollack.
In seiner von ihm gewohnten, sehr persönlichen Art zu erzählen, macht der Autor die Berichte greifbar und für den Leser einprägsam. Immer wieder stellt er die zentrale Frage der Geschichtspolitik: Wie können und müssen wir heute mit dieser Erinnerung umgehen?
Die dem Text entsprechenden Schwarzweiß-Fotografien im besonders schön gestalteten Buch unterstreichen das Geschriebene nochmals auf ergreifende Art und Weise.
Schon das als Covermotiv gewählte Foto, ein kleiner Junge mit zum Hitlergruß erhobenen Arm, verstört und irritiert, macht aber neugierig auf die Essays des außerordentlichen Erzählers.

Sammlung Strasser

Ausgewählte Fossilien

Der Gestalter dieses Buchprojekts, Raffael Strasser, zeigt in diesem die Fossiliensammlung seines Vaters, Walter Strasser.
Dabei versucht er, die besonderen Merkmale der Gesteine wie zum Beispiel Alter, Gewicht, Struktur und Farbe durch verschiedene Papiersorten und die Typografie zu interpretieren. So soll der massive, jedoch zerbrechliche Charakter der Fossilien spürbar gemacht werden.
Das Buch zeichnet sich in der Umsetzung durch gute, durchgängige Fotos aus, auch diese in ihrer Festigkeit eine Interpretation der Materialität. Die vollformatigen, doppelseitigen Bilder heben die lineare, serielle Anmutung der Sammlung hervor. Die Typografie ist von besonderer Finesse, die Ausklappseiten sind sehr gut eingesetzt, der zweifarbige Kartonschuber ist schön verarbeitet, insgesamt ist die Verarbeitung dieser gelungenen Publikation von einer fast „hervorstechenden“ Schlichtheit und Zurückgenommenheit.

richtig streiten

keine Anleitung

In dieser Arbeit, die in der Höheren Graphischen Bundeslehranstalt in Wien entstand, gibt die Verfasserin keine Anleitung zum richtigen Streiten, sie befasst sich darin mit Kommunikations- und Diskussionskultur.
Das Werk ist in seiner Umsetzung mutig und experimentell, die Gestaltung unkonventionell.
Das witzige und einfallsreiche Cover mit dem aufgerissenen Einband ist dem Thema adäquat. Diese bemerkenswerte Collage ist ein Beispiel für guten Umgang mit Typografie. Auch die Farben sind sehr gut gewählt und unterstützen die Gestaltung.
Dieses aufwändig gestaltete Buch strotzt vor Kraft und Energie, es hat Witz und Charme, eine in jeder Hinsicht originelle und hervorstechende Arbeit.

Oskar Leo Kaufmann

69 Projekte 2012-1996

Diese Monografie des Vorarlberger Architekten Oskar Leo Kaufmann kommt als weißer Ziegel daher, minimalistisch klar und reduziert.
Auch innen konzentriert sich das Buch auf das Wesentliche: Die Bauten, Pläne und Zeichnungen Kaufmanns werden kommentarlos in hervorragender Qualität abgebildet.
Diese Radikalität überzeugt ebenso wie die raffinierte Bindung des Buches, durch das ausgetüftelte Aufschlagen der Seiten der zwei miteinander verbundenen Bänden verdoppelt sich das Format, wodurch man die Pläne besser lesen kann.
Die Bildqualität auf dem dünnen Papier ist sehr gut, die Orientierung im Buch einfach und verständlich.
Diese Monografie ist ein starkes Statement für präzises und klares Arbeiten.

Kunstraum I Schloss Buchberg am Kamp

Die Sammlung Bogner auf Schloss Buchberg am Kamp erhält in diesem kleinen Katalog eine verblüffend kongruente Umsetzung in das Medium Buch.
Eine kompakte Schachtel öffnet sich als fünfteiliger Kartonumschlag zu einem perfekt funktionieren Display: Wie auf einer Werkbank angeordnet liegen dann Textbroschüre, DVD, Bauplan und Abbildungsteil bereit, deren Anordnung und Abfolge an den Verlauf der Räume im Schloss Buchberg erinnert. Die Klarheit und Nachvollziehbarkeit der Konstruktionsregeln, zu verstehen als Angebot einer konstruktiven ästhetischen Vernunft, machen diesen Katalog zum Repräsentanten eines Geistes, dessen Aktualität sich gerade erst wieder erweist.
Die Angemessenheit des Konzepts und die handwerkliche Sorgfalt der Umsetzung vermitteln den preiswürdigen Eindruck leiser Effizienz.

In Paradisum

Dieser Roman des niederländischen Autors Yves Petry über einen Kannibalen, regt mit seinem pastelligen Farbton zum Hingreifen an. Beim genaueren Hinsehen sorgt die fleischige Collage für Irritation. Nimmt man den Schutzumschlag ab, bemerkt man, dass die Collage ein Herz darstellt. Es geht in diesem Werk also ans oder besser ins Eingemachte.
Die technische Verarbeitung des Buches ist einwandfrei, es ist zurückhaltend gesetzt, und die spannend erfrischende Farbkombination macht es zu einem besonderen Hingucker.
„In Paradisum“ ist ein gutes Bespiel, wie schöne Buchgestaltung einen Roman viel zusätzliche Aufmerksamkeit einbringen kann.

Frida Parmeggiani

Kostümabstraktionen

Für zwei Ausstellungen der Kostümbildnerin Frida Parmeggiani wurde ein Buch geplant, das die Ausstellungsobjekte und die Zusammenarbeit mit Studenten des Salzburger Mozarteums zeigen sollte. Die Komplexität der Entstehungsgeschichte und die Verschiedenheit der künstlerischen und theoretischen Beiträge wurden gestalterisch sehr differenziert umgesetzt, in feiner Abstimmung der Papierformate und -qualitäten, der Schriftstärken und Satzspiegel.
Die Farbe Schwarz wird wie ein Leitmotiv eingesetzt, eine Hommage an die Monochromie, in der die Künstlerin immer gearbeitet hat. Der Gestaltung des Buches gelingt es, zwei scheinbar widersprechende Vorgaben umzusetzen: einerseits die übersichtliche Differenzierung der Vielfalt in der Genese, andererseits – unterstützt von der Qualität der Fotografie und des Drucks – die bühnenhafte Inszenierung der durch minimalistische Reduktion charakterisierten Ästhetik der Kunstwerke.

Filmlandschaft Niederösterreich

Eine gelungene Aufbereitung und Aufarbeitung der Filmförderung des Landes Niederösterreich in den letzten 20 Jahren legen das Land Niederösterreich und die Herausgeber mit diesem Buch vor.
Nach einem kurzen entwicklungsgeschichtlichen Abriss über die Filmförderung in Niederösterreich werden die ältesten Filmschauplätze sowie viele auch heute noch beliebte Drehorte vorgestellt und ein Überblick über den Förderbereich gegeben. In der Umsetzung gestaltet sich der Wechsel zwischen Text- und Bildteil  besonders leserInnenfreundlich und überrascht immer wieder aufs Neue.
Das unterstreicht noch der besondere Umschlag, der einem sofort ins Auge fällt: Das Lenticularbild fängt das Thema Film, beziehungsweise bewegtes Bild, auf besondere Weise ein.

Eine andere Art von Schönheit

Das Buch der Fotografin Elfie Semotan überzeugt durch die gelassene, unaufgeregte Kongruenz seiner Gestaltung mit der Auswahl aus der fotografischen Arbeit und den autobiografischen Aufzeichnungen der Autorin. Das Werk vermittelt die persönliche Integrität, handwerkliche Konsistenz und künstlerische Originalität, die Semotans Mode- und Werbefotografie immer ausgezeichnet haben. Die Nähe zu den fotografierten Personen, die Absicht, mit Fotografien Kontexte und Geschichten zu erzeugen, und die Diskretion, in der berufliche Seriosität und eine gewisse Selbstironie zusammentreffen, sind Charakteristika dieses Buches. „Eine andere Art von Schönheit“ zeigt auch private Bilder und Porträts, diese oft von einer Qualität, die den Übergang von privat und öffentlich verwischt. Die Publikation vermittelt ohne Schnörkel diese Einheit von Person und Werk und wird damit ein bedeutendes Dokument für die immer noch mögliche Kongruenz von Lebens- und Werkgestaltung.