Schwarze Hunde & Bunte Schafe

In fast jeder Familie gibt es sie – die bunten Hunde und schwarzen Schafe. Üblicherweise erzählt man nicht von ihnen. Schon gar nicht schreibt man ein Buch über sie. Lisa Matzi aber hat genau das für Ihre Diplomarbeit gemacht – und damit ein alles andere als verschweigenswertes Buch geschaffen: Die originelle Konzeption und Gliederung sind geschickt grafisch umgesetzt, eine einfache Symbolik erklärt etwa die Verwandtschaftsgrade. Die Typographie erzeugt Spannung und unterstützt das Erzählte, ebenso gelungen breiten sich eine farbige Fotostrecke und gekonnt bearbeitete Bilddokumente aus. Generell ist die Farbgebung angenehm stimmig: Bei den wirklichen Familiengeheimnissen nimmt sich die Farbe ganz zurück. Absichtlich schwer lesbar heißt es da gleich zu Beginn „Es kann halt nicht immer alles so aalglatt sein“. Das gilt auf alle Fälle für dieses Buch. Die Diplomarbeit fällt auf. Und das ist gut so.

Rezepte für die Zukunft

Diese beachtenswerte Diplomarbeit in Buchform startet wunderschön mit gedrängten Illustrationen sowie dick aufgetragenem Titel, nimmt den weitläufig assoziativen Schwung problemlos in den Innenteil mit – und schafft damit ein Plädoyer für Nachhaltigkeit im Privaten, das in vielen Varianten präsentiert wird. Die Autorin/Gestalterin erklärt ihr Anliegen in kohärenten Kreisgrafiken mit 45 Grad-Querstrich, mit viel verdichteter Information, die lesbar bleibt, und Verbildlichung von Statistiken, die an Neuraths Isotypen erinnern. Guter Flattersatz, schön abgestimmte Farbnuancen – eine rundum erfreuliche und intelligente Informationsvermittlung.

UnitedBuildings

Virtuelle Wendepunkte

Die meisten Firmenpräsentationen in Buchform sind grell, oberflächlich und werben vordergründig mit idealisierter Selbstdarstellung. Nicht so „UnitedBuildings“: in ruhigen und solide gebauten Seiten setzt sich der Fertighaus-Dienstleister Ari Griffner mit den Möglichkeiten der hauseigenen Software genauso unaufgeregt und detailliert auseinander wie mit den kulturellen und ökologischen Implikationen des eigenen Handels. Klärende Farbabbildungen ohne jegliche Effekthascherei sowie erläuternde Sachillustrationen in schwarz-weiß und grau runden den Eindruck ab, es hier mit einer der wenigen voll und ganz überzeugend gestalteten Werbungen in eigener Sache zu tun zu haben.

Österreich und die Biennale Venedig 1895 – 2013

Dieses Fast-schon-Drehbuch zeitgenössischer Kunst- und Ausstellungsarbeit zeigt die Geschichte der künstlerischen Entwicklung Österreichs, gesehen durch die Augen seiner Kommissäre.

Allein das Blättern in einem gekonnt funktionalen, nie lärmenden Layout ermöglicht quasi ein erneutes, frisches Abgehen der Ausstellungen, die teils vor Jahrzehnten stattgefunden haben. Die sich weiter entwickelnden Inhalte, Medien und Darstellungsformen zeitgenössischer Kunst werden in einem durchdachten choreografierten Konzept typografisch kongenial aufbereitet, dünne Zwischenseiten in Dunkelgrau sorgen wie Vorhänge zwischen Ausstellungsräumen für Struktur. So werden Konzepte sichtbar und mit ihnen die künstlerischen Debatten ihrer Zeit. Ein gewichtiges Buch, das jedes Gramm wert ist.

living rooms

Politik der Zugehörigkeiten im Wiener Gemeindebau

Lesbar, blätterbar, nacherzählbar. Der Wissenschaftsband „living rooms“ verbindet gestalterisch alle interdisziplinären Ansätze, die in dem Projekt über In- und Exklusion im Wiener Gemeindebau zusammenkommen: Reine Bildstrecken mit künstlerischem Anspruch unterbrechen lange Textbeiträge, die fachspezifisch in Zitate und Verweise gegliedert werden müssen. »Lebende« Statistiken mit Forschungsergebnissen fungieren als Trennseiten – eine Profi-Balance mit freundlichem Augenzwinkern.

Hundertwasser, Japan und die Avantgarde

Museumsausgabe

Der siebenmonatige Japan-Aufenthalt von Friedensreich Hundertwasser im Jahr 1961 steht im Zentrum der Auseinandersetzung dieser technisch hervorragend gemachten Publikation. Dabei überzeugt das gekonnte Zusammenspiel von eigenem Werk und künstlerischer Zeitgenossenschaft, von Inhalt und äußerer Form, die in Summe eine außerordentlich gelungene Dokumentation eine der spannendsten Schaffensperioden des Künstlers ergeben. Der Wechsel von Schwarz-weiß mit Farbe, die Wahl des Einbandkartons und der faux-japanischen Bindung sowie der klare Einsatz von Typografie eröffnen einen überraschenden Blick abseits des öffentlichen Bildes auf eine in der Kunstwelt heute eher umstrittene künstlerische Position.

Häuser und Passanten

Was passiert, wenn man beliebige Häuser in einem Ort – Hohenems in Vorarlberg – fotografiert, ihre Geschichte dokumentiert und Passanten zu ihnen befragt? Im Fall von „Häuser und Passanten“ eine ganz eigene, eindrucksvolle Bestandsaufnahme vom Bauen, Wohnen und Verlassen. Dunkelgraue Bildunterschriften in Grotesk-Typo und Flattersatz lassen den Bildern den gebührenden Platz, um einerseits nüchtern gar nicht so aufregende Architektur zu präsentieren, andererseits aber viel von der Atmosphäre eines Orts wie Hohenems zu vermitteln. Die Gestaltung ist insgesamt elegant und im besten Sinne unaufdringlich. Es stimmt alles, und es ist trotzdem keine Spur langweilig.

Hapsi Apsi Pipsi Popsi Yipsi!

Jugendhaare einer Kaiserin

Seit zwanzig Jahren lotet das Wiener (Künstler)kollektiv H.A.P.P.Y den schmalen Grat zwischen zelebriertem Trash, überbordendem Kitsch und schlechtem Geschmack aus. In dem Bereich fühlen sie sich wohl, dort sind sie glücklich. Die Publikation zum Jubiläum macht dabei keine Ausnahme: ein provokanter, zu klein geratener Schutzumschlag mit aufgeklebten Fischaugen ködert die LeserInnen genauso schamlos wie mehrere Covers zum Abreißen, individuell geschwärzte Passagen treffen auf händisch eingerissene Seiten. Die wesentliche Leistung der Gestaltung besteht jedoch darin, diese vielen Ideen, Kommentare, Kritzeleien und Bilder mit einer Leichtigkeit zu präsentieren, die wie zufällig und unstrukturiert wirkt. Ergänzt und unterstützt wird das von einer erfrischend ungezwungenen Typographie. „Hapsi Apsi Pipsi Popsi Yipsi!“ weiß mit jeder neu aufgeschlagenen Doppelseite tatsächlich zu überraschen – dass das Buch dabei technisch hervorragend hergestellt ist, soll ihm nicht zum Nachteil gereichen. Camp im besten, lebensbejahenden Sinne des Wortes.

Fotos

Österreichische Fotografien von den 1930ern bis heute (Museumsausgabe)

Dieses Überblickswerk zu einer Ausstellung im Wiener 21er Haus zur österreichischen Fotografie der jüngeren Kunstgeschichte besticht nicht nur mit erstklassig reproduziertem Bildmaterial, sondern auch durch aufgeräumte Gestaltung und dezenter wie gelungener Farbenwahl.

Die Versammlung vieler Einzelpositionen, auf weißen Seiten klar angeordnet, findet ihren Verweis auf die AutorInnen in einem am Seitenrand laufenden Register. Das Cover mit seiner aus Punkten entwickelten Typografie verschiebt und durchbricht den Umschlag und nimmt so den roten Schmutztitel in den Schriftzug mit auf. „Fotos“ ist ein Buch, das sich auch in seiner grafischen Aufbereitung der Problematik, eine nicht existente Sammlung zu zeigen, bewusst ist.

Closed Cities

Was entsteht, wenn der künstlich geschaffene, urbane Raum seine Funktion verliert? Von Menschen verlassene, aber nichtsdestoweniger von Menschen für Menschen geschaffene Areale. Was bleibt von den landschaftlich abgeschiedenen wie aufgelassenen „Closed Cities“? Was wird aus den Hoffnungen, die einmal hier ihren Ausdruck gefunden haben? Dieses unaufdringlich gestaltete Fotobuch geht diesen Fragen in einer sachlichen und doch tiefgreifenden Form auf den Grund. Das umfangreiche Material bietet Anreiz für eine analytische Auseinandersetzung: vorurteilsfrei, offen, adäquat, schlicht, inspirierend.