Erwin Polanc - 8630 Mariazell

Erwin Polanc  zeigt uns in „8630 Mariazell“ genau das, was der Titel verspricht. Ein Portrait des Ortes, der dort lebenden Menschen. Schlicht und klar wie das Cover ist der Kern des Buches. Im Mittelpunkt stehen die Bilder. Es sind Alltagssituationen, Details, Ausschnitte. Randerscheinungen, die sich erst im zweiten, im genauen Blick offenbaren. Dazu die Bewohnerinnen und Bewohnern von Mariazell. Keine auf Hochglanz polierte Zurschaustellung eines Pilgerortes, vielmehr ein realitätsnaher Einblick. Die Echtheit gewinnt das fotografische Bild aus dem ehemals direkten Kontakt mit dem Bildgegenstand liest man im Buch. Diesen Kontakt scheint Erwin Polanc besonders eng zu knüpfen. Sich selbst nimmt er dabei dezent zurück. Im Umschlag erklärt er in einem Interview seine Denk- und Arbeitsweise. Auf den hinteren Buchseiten wird die Fotografie als Ort der Wunder beschrieben – ebenso übersichtlich wie klar gesetzt. Die englische Übersetzung unterscheidet sich dezent und ergänzt sich spannend mit der jeweils um eine Seite vorherigen Originalversion. Selbst diese Textseiten wirken mit dem großzügigen Weißraum schlicht und fast poetisch. Ein Bildband, der leicht und angenehm in der Hand liegt und ein Mariazell portraitiert, wie man es selten sieht.

Rolf Mühlethaler - Fragile Ordnung

Der 80 Seiten umfassende Katalog über den Schweizer Architekten Rolf Mühlethaler folgt dem Prinzip der Reduktion.  Die Leitlinien, denen der Architekt folgt, werden in vier Werkstattgesprächen vorgestellt und anhand ausgewählter Projekte illustriert. Die Grafik ist dabei der Ordnung, Vereinfachung und Zurückhaltung verpflichtet, die der Auftraggeber vorgibt. Ein großer Teil des Buches wurde auf dem Papier Favini Remake Smoke gedruckt. Dieses Papier wird aus dem entsorgten Rückstand der Lederproduktion hergestellt, ist zu 100% recycelbar und greift somit die Philosophie der Gesamtheitlichkeit auf, die die Arbeit Mühlethalers prägt. Die Klarheit des Schriftbildes, des Layouts und der ausgewählten Fotografien wird durch die Verwendung der klassischen Schrift Helvetica Neue unterstrichen. Ebenso wird die Zweisprachigkeit im Katalog gut lesbar und übersichtlich gelöst. Schmal, jedoch in der Gestaltung höchst konzentriert und intensiv, bietet der Katalog einen Einblick in die umfangreiche Arbeit des Architekten.

Typojis – Einige neue Zeichen

„Typojis“ – der Buchtitel wirft schon erste Fragen auf und genau denen widmet sich Walter Bohatsch in diesem Werk. „Einige neue Zeichen“ verspricht der Untertitel. Gemeint sind Satzzeichen. Angelehnt an Emojis, welche die digitale Alltagskommunikation weltweit vereinfacht oder auch zu einfach gemacht haben, hat Walter Bohatsch quasi gefühlvolle Satzzeichen entwickelt. 30 Begriffe bietet er an – von Optimismus über Neugierde zur Herausforderung. Jedes der Zeichen ist harmonisch an typographische Parameter angelehnt. Allen gleich ist einzig der Punkt auf der Unterlänge. In den einführenden Texten entspricht die typographische Gestaltung der Klarheit des Inhalts, in den Beispiel- und Übungsseiten der Verspieltheit. Rot und blau die Gastbeiträge, schwarz-weiß die launigen Fotobeispiele. Typojis führt in die wunderbare Welt der Typographie, spielt mit allen Registern und bringt diese letztlich gefühlvoll auf den Punkt.

Tokyo Stories

Dieses Buch fällt mit seinem verhältnismäßig schmalen hohen Format und dem schwarzen Cover auf. Es geht um Geschichten aus Tokyo. Beziehungsgeschichten. Diese werden durch intime Bilder erzählt. Mal verschwommen, dann wieder präzise und klar. Schwarz-weiß ebenso wie in Farbe. Anonym und intim. Bilder und Weißraum ergeben eine spannende Wechselwirkung, die an Tokyo erinnert. Die Gedanken und Aussagen der Porträtierten sind selbstbewusst und teilweise groß in einem stimmigen Font gesetzt. Dennoch beinhaltet „Tokyo Stories“ das Schüchterne, Private, mitunter Zerbrechliche. Das wirkt unaufgeregt und alltäglich und nicht zuletzt das macht das Fotobuch aus.

Sechsunddreißig Wiener Aussichten - Thirty-six Views of Vienna

Der Umschlag des quadratischen Bildbandes erinnert in seiner Haptik an alte Atlanten: beiges Kunstleder mit blauer Folienprägung. Die Vorsatzfarbe Himmelblau zieht sich als Schmuckfarbe durch das Buch. Einleitung und Textteil sind auf 70g-dünnes Papier gesetzt. Dessen Transparenz stört durch das klare Layout überhaupt nicht, im Gegenteil: Der Textblock wird als Horizont wahrgenommen, ebenso die begleitenden Abbildungen darüber.

Die Typografie beschränkt sich auf eine Schrift, Larish Neue von Radim Pesko, die auf einer historischen Wiener Schrift von Rudolf Larisch beruht. Trotz ihrer Robustheit wirkt sie im Buch elegant und zurückhaltend.

Der Bildteil ist klar strukturiert: Texte und Grafiken des Aufnahmeortes und Blickwinkels sind den auf einer Doppelseite gegenübergestellten Fotos von Wiener Aussichtspunkten vorangestellt. Die Fotografien und ihre drucktechnische Wiedergabe bestechen durch ihre Präzision, das Buch durch unaufgeregte Eleganz.

Die Lehre des Gartens - Gespräche in Japan

Ein Stück japanischer Garten verspricht das Cover. Und genau das bietet das Buch. Mit einer überraschenden Leichtigkeit liegt es gut in der Hand, die japanische Bindung sorgt für die nötige Stärke. Beeindruckend ist die Intensität und Qualität der Fotos. Die Interviews sind dezent und zurückhaltend, aber klar und sachlich gesetzt. Formal unterstützt das Buch also ideal den Inhalt. „Die Lehre des Gartens. Gespräche in Japan“ bietet theoretisches Wissen über ausgewählte Gärten in Japan und kann praktisch zu jedem Gartenbesuch mitgenommen werden. Wissensvermittlung, die gleichsam schön wie praktisch ist.

Die Kraft des Alters – Aging Pride

Diese Veröffentlichung – erschienen anlässlich der gleichnamigen Ausstellung im Belvedere im Herbst 2017 – erweist sich bereits beim Angreifen als haptisch höchst angenehm. Das Format entbehrt dabei der üblichen Schwere und des Überformats von Kunstkatalogen. Der Buchtitel manifestiert sich im Buchdeckel mittels Prägung und durch die Auswahl eines – durch seine Strahlkraft – sinn-bildgebenden Titelbildes. Der zweisprachig ausgeführte Katalog besticht durch die sorgfältige Papierauswahl: leicht cremig trägt das Papier den Goldton des Titelbildes in abgeschwächter Form in das Buchinnere. Der Farbton der Abbildungen wird schwächer, während er bei den Texten in eine wärmere Tonstufe changiert, die auch den milden Blauton von Umschlag, Cover und Bindung aufgreift. Bei alldem wurde auch auf die gute Lesbarkeit des Textes, bis hin zu den Anmerkungen und Bildnachweisen, großer Wert gelegt. „Die Kraft des Alters“ funktioniert sowohl als Katalog wie auch als Kunstbuch perfekt.

Kontakt

Ein Cover, das keines ist: Der Titel scheint zu fehlen. Man tappt im Dunkeln, doch eigentlich ist man schon mittendrin. Das angenehme Understatement des ersten Eindrucks hält sich: Auf viel graublauem Hintergrund ein leiser, serifenloser Zweizeiler, der das typografische Konzept für die nächsten 423 Seiten beschreibt. Eine Schrift, ein Schnitt, drei Grade – mehr braucht es nicht. Nach 16 Textseiten graublauer Großzügigkeit der erste Papierwechsel: vom Weichen zum Glatten. Viermal vierteilige Bildtafeln gliedern das Buch von nun an in seine Kapitel. Sie unterbrechen die ansonsten rigide, der Sache selbst geschuldeten Ordnung. Mit integrer Zurückhaltung gegenüber den gezeigten Werken und Texten, überzeugt der Sammlungskatalog der Erste Group und ERSTE Stiftung von Anfang an mit selbstbewusster Coolness. Die Sorgfalt der ausgewählten Materialien, die Fadenheftung und der hochwertige Druck sind der Bibliophilie verpflichtet.

hochbetagt

Die Aufgabe 27 JournalistInnen und FotografInnen mit Kurzreportagen über 17 hochbetagte Menschen in einem Buch konsistent zusammenzufassen, ist hier großartig gemeistert. Das Hardcover, in zartes rotes Papier gebunden, ist schwarz mit dem Halbportrait einer betagten Frau bedruckt, von der man nur die Beine in Wollsocken, den Blümchenrock und die gefalteten Hände sieht, die ruhig in ihrem Schoß liegen. Ganz schlicht verspricht es persönliche Geschichten ohne voyeuristisch zu sein. Im Kern führen die hellroten Auftaktseiten der Kapitel, die Coverfarbe und -gestaltung aufgreifen, schlüssig durch das Buch. Die die Textteile begleitenden Fotos haben dank der Entscheidung für ein leicht gelbliches Naturpapier eine homogenisierende Farbtemperatur. Diese Elemente machen aus den unterschiedlichen fotografischen Blicken und den vielstimmigen Texten des Buches ein sehr gelungenes Ganzes.

Franz West - Artistclub

Der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im 21er Haus ist genau genommen ein Heft, das aus drei ineinander gesteckten Teilen besteht. Die Einzelteile entsprechen den Kapiteln im Buch und sind mit unterschiedlichen Papieren ausgestattet, umhüllt von einem Intro aus losen Blättern und dem Cover, das in zwei Farben (deutsch und englisch) erhältlich ist. Die durch die Heftung verursachte Verdrängung des Papiers bleibt erhalten und wird bewusst als Gestaltungselement eingesetzt. Das Layout des Buches ist klar, die Typografie schlicht und sogfältig. Englischer und deutscher Text laufen parallel in angenehm dimensionierten Spalten. Die Texte werden von Verweisen und Bildmaterial unaufgeregt begleitet und ganzseitigen Abbildungen gegenübergestellt. Das plakative Cover mit der sperrig wirkenden Typografie zitiert Plakatfarben aus Franz Wests Arbeit. Insgesamt überzeugt dieser scheinbar schlichte Katalog durch seine konsequente Gestaltung mit einfachen Mitteln.